Diagnostische Tests
Diagnosis of vestibular disorders
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird das generische Maskulinum verwendet und auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Die in dieser Patienteninformation verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter.
Dein Hausarzt wird zunächst basierend auf deiner Krankengeschichte versuchen, sogenannte „Red Flags“ auszuschließen. In der Medizin bezeichnet dieser Begriff Warnsignale oder Symptome, die auf eine ernsthafte oder potenziell lebensbedrohliche Erkrankung hinweisen können. Sollte dein Arzt solche Warnzeichen feststellen, wird er weiterführende Untersuchungen wie eine Computertomografie (CT), eine Magnetresonanztomografie (MRT), einen Ultraschall, ein Elektrokardiogramm (EKG), Bluttests oder eine Überweisung zum Neurologen anordnen, um schwerwiegende Erkrankungen auszuschließen.
Es ist wichtig zu betonen, dass solche Untersuchungen häufig auch ohne das Vorliegen von „Red Flags“ durchgeführt werden, um den Patienten zu beruhigen und unnötige Sorgen zu mindern. Sobald potenziell gefährliche Erkrankungen ausgeschlossen sind, sollte das Innenohr mittels spezifischer Tests genauer untersucht werden. Im Folgenden werden diese Tests und Untersuchungen vorgestellt.
Zusammenfassung
- Ausschluss von Red Flags: Der Hausarzt schließt zunächst ernsthafte Erkrankungen aus.
- Hörtests: Prüfung des Gehörs (Tympanometrie, Stapediusreflex) auf vestibuläre Störungen.
- Gleichgewichtstests: Gans SOP-Test und Posturographie zur Beurteilung des Gleichgewichts.
- Lagerungsproben: Positionstests zur Diagnose von Lagerungsschwindel (BPLS).
- Vestibuläre Funktionstests: VNG, vKIT und VEMP zur Untersuchung des Gleichgewichtssystems.
1. Hörtests
Nicht alle vestibulären Erkrankungen betreffen das Gehör. Einige können jedoch gleichzeitig das Gehör und das Gleichgewicht beeinträchtigen. Aus diesem Grund werden Patienten, die über Schwindel oder Gleichgewichtsstörungen klagen, oft ausführlichen Hörtests unterzogen. Dazu gehören:
- Tympanometrie: Misst die Beweglichkeit des Trommelfells und den Druck im Mittelohr
- Stapediusreflexprüfung: Diese Prüfung misst den Reflex des Stapediusmuskels, der auf laute Geräusche reagiert und das Gehör schützt.
- Messung der otoakustischen Emissionen (OAE): OAE sind Echos aus dem Innenohr, die durch äußere Haarzellen erzeugt werden.
Die daraus resultierenden Testmuster können möglicherweise Probleme mit dem Gleichgewichtssystem aufdecken. Ein normaler Hörtest ist an sich schon aufschlussreich.
2. Gleichgewichtstests
Der Gans Sensory Organizational Performance (SOP)-Test und die Computerized Dynamic Posturography (CDP) sind unterschiedliche Verfahren zur Beurteilung der allgemeinen Gleichgewichtsleistung unter verschiedenen Bedingungen. Während einige Diagnosezentren den Gans SOP-Test anwenden, nutzen andere die CDP.
Zwar kann keiner der beiden Tests eine spezifische Diagnose allein stellen, jedoch lassen sich bestimmte Ergebnismuster erkennen, die in Verbindung mit anderen vestibulären Tests Hinweise auf verschiedene Arten von vestibulären Störungen geben können.
3. Lagerungsproben für den benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel
Haus-/Notärzte und IVRT® Schwindel- und Vestibular-Therapeuten und führen routinemäßig den Dix-Hallpike-Test und/oder den Supine-Roll-Test für den gutartigen paroxysmalen Lagerungsschwindel (BPLS) durch. Dabei handelt es sich um Positionstests, die herausfinden, ob dein Schwindel durch bestimmte Kopfbewegungen ausgelöst oder verschlimmert wird.
Hierbei wird dem Patienten auch oft eine spezielle Brille aufgesetzt, um die Augenbewegungen genauer zu beobachten und herauszufinden, welcher Bogengang betroffen ist. Mit der Brille können unwillkürliche, schnelle Augenbewegungen (Nystagmus) erkannt werden.
4. Vestibuläre Funktionstests
Klinische Tests der vestibulären Funktion bewerten, ob es Probleme mit den vestibulären Strukturen des Innenohrs (vestibuläres System) und/oder ihren Verbindungen zu unseren Augen, dem zentralen Nervensystem und dem propriozeptiven System (Sinn für Eigenbewegung und Körperposition) gibt. Diese komplexen Strukturen sitzen neben der Hörstruktur des Innenohres (der Cochlea).
Das vestibuläre System besteht aus 5 Sensoren in jedem Ohr: Drei mit Flüssigkeit gefüllte Bogengänge und 2 Maculaorgane (Utriculus und Sacculus). Es gibt Tests, mit denen alle 10 dieser Sensoren untersucht werden können.
Wie kann ich meine vestibuläre Funktion testen lassen?
Um Ihre vestibuläre Funktion zu testen, müssten Sie einen auf Schwindel spezialisierten HNO-Arzt oder Neurologen aufsuchen. Zu den gängigen Tests gehören (4.1.) die Videonystagmographie (VNG), (4.1.3.) kalorische Prüfung, (4.2.) der Video-Kopf-Impuls-Test (vKIT) und (4.3.) der VEMP-Test („vestibuläre evozierte myogene Potentiale“), die alle die Funktion des Gleichgewichtssystems überprüfen. Weiter unten werden die genannten Untersuchungen nacheinander vorgestellt.
Eine vollständige Untersuchung des vestibulären Systems, welche alle genannten Untersuchen umfasst, kann bis zu 3 oder 4 Stunden dauern oder über mehrere Termine verteilt werden.
5. Weitere ergänzende Tests zur Untersuchung der vestibulären Funktion
5.1. Dynamischer Sehschärfetest (engl. Dynamic Visual Acuity Test, kurz DVA-Test)
Wie bereits erwähnt, ist eine der Hauptfunktionen des vestibulären Systems die Stabilisierung der Augen bei Kopfbewegungen. Der DVA-Test misst diese Fähigkeit der Blickstabilisierung.
Ähnlich wie der vKIT wird dieser nützliche Test eingesetzt, um Veränderungen des VOR zu untersuchen. Darüber hinaus kann der DVA-Test verwendet werden, um Verbesserungen nach einer vestibulären Rehabilitation zu bewerten.
Während des Tests wird man aufgefordert, den Buchstaben „E“ auf einem Bildschirm zu betrachten und seine Ausrichtung zu bestimmen. Der Buchstabe erscheint in regelmäßigen Abständen, jeweils in unterschiedlicher Größe und Ausrichtung. Zuerst wird der Test ohne Kopfbewegungen durchgeführt, dann mit. Anschließend wird der Unterschied in der Sehschärfe verglichen: Je größer die Differenz zwischen statischer (ohne Kopfbewegung) und dynamischer (mit Kopfbewegung) Sehschärfe ist, desto stärker ist der VOR beeinträchtigt.
Es gibt auch eine manuelle Variante des DVA-Tests, die ohne spezielle Medizintechnik durchgeführt wird. Diese Version wird von IVRT® Schwindel- und Vestibular-Therapeuten verwendet, um Störungen des VOR festzustellen.
5.2 Subjektive visuelle Vertikale und Horizontale (SVV und SVH)
Die subjektive visuelle Vertikale (SVV) und subjektive visuelle Horizontale (SVH) sind diagnostische Tests, welche die Wahrnehmung der Raumorientierung und insbesondere die Teile des Innenohrs untersuchen, die für die Wahrnehmung der Schwerkraft zuständig sind (Utriculus und Sacculus).
Beim SVV-Test befindet sich der Patient in einem dunklen Raum und wird gebeten, das projizierte Bild einer rotierenden Linie so auszurichten, dass es als exakt vertikal (SVV) oder horizontal (SVH) empfunden wird. Die dunkle Testumgebung minimiert visuelle Referenzen, sodass die Wahrnehmung der Linie stark von der Funktion der Maculaorgane (Utriculus und Sacculus) im Innenohr abhängt.
Mit dem SVV/SVH-Test lassen sich Störungen in der Wahrnehmung der Schwerkraft feststellen, die durch Dysfunktionen des vestibulären Systems oder des Gleichgewichtsnervs verursacht werden können. Abweichungen in der Ausrichtung der Linie deuten auf eine Fehlfunktion in den Maculaorganen hin, wie es z. B. bei einer akuten Vestibular neuritis oder einem Hirnstamm-/Kleinhirninfarkt der Fall ist.
Was kann ich noch tun?
Wo finde ich einen spezialisierten IVRT® Schwindel- und Vestibular-Therapeuten ?
Vestibuläre Rehabilitation und Gleichgewichtstraining sind am effektivsten, wenn du eine Reihe von Übungen befolgst, die von einem Therapeuten auf deine speziellen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Von daher können wir dir unbedingt unsere zertifizierten IVRT®-Therapeuten empfehlen.
Zudem bieten wir dir die Möglichkeit dich von unseren Experten in der vestibulären Rehabilitation telefonisch beraten zu lassen.